Wir beginnen heute eine kleine Reihe mit Statements von Gründungsmitgliedern des Netzwerks. Als erster hat uns Matthias Stiehler geantwortet. Wir hoffen, dass das schon mal Appetit auf den 6. November macht – und laden zur Kommentierung ein.
1. Was hat mich 2005 zur Mit-Gründung des Netzwerks motiviert?
Nachdem ich mich bereits in den Neunzigern in Dresden für das Thema Männergesundheit eingesetzt hatte und beispielsweise auch Männerwochenenden anbot, schien es mir 2001 mit Erscheinen des bundesdeutschen Frauengesundheitsberichts notwendig, auch einen vergleichbaren Männergesundheitsbericht zu fordern. In Absprache mit Klaus Hurrelmann gründete ich eine entsprechende Initiative, die bei einem Treffen im März 2002 in Bielefeld diese Forderung gegenüber der Bundesregierung öffentlich machte. Diese Forderung wurde abgelehnt. Positiv fand ich damals, dass sich aus der Initiative heraus die zuvor bereits bestehenden Netzwerke verstärkten und weitere Akteure auf der Bildfläche erschienen. In den folgenden drei, vier Jahren entstand dann offensichtlich das Bedürfnis, diese Netzwerke auf festeren Boden zu stellen. Es wurde die Deutsche Gesellschaft für Mann und Gesundheit (DGMG) gegründet, das Netzwerk Jungen- und Männergesundheit sowie die Stiftung Männergesundheit.
Mir war dabei wichtig, dass es zu einem regelmäßigen Austausch kommt, sich die handelnden Akteure besser kennenlernen, die Fachlichkeit vorangetrieben wird und auch Initiativen entstehen, die das Thema Männergesundheit stärker als zuvor in die Öffentlichkeit und die Politik bringen. Der besondere Reiz des Netzwerks Jungen- und Männergesundheit bestand in seiner sozialwissenschaftlichen Ausrichtung. Mir war zwar als Gründungsmitglied der DGMG auch wichtig, den Austausch zwischen Medizinern und Sozialwissenschaftlern zu fördern, aber dort war das Übergewicht der Ärzte gegeben.
Ein weiterer wichtiger Punkt, der mir am Netzwerk Jungen- und Männergesundheit wichtig war, ist der fachliche Austausch, der nicht immer gleich zweckgerichtet ist. Das gab es sonst eigentlich nicht.
2. Was hat sich seither im Bereich Jungen- und Männergesundheit verändert?
Zu wenig. Das Anliegen, das Thema Jungen- und Männergesundheit stärker als zuvor in der Gesellschaft zu verankern, ist nur zum Teil aufgegangen. Jungen- und Männergesundheit scheint immer noch ein Randthema zu sein – insbesondere in der Politik. Andererseits müssen wir auch sehen, dass vor allem die unterschiedlichen Männergesundheitsberichte über die Jahre Aufmerksamkeit gebracht haben. Im allgemeinen Bewusstsein scheint mir Männergesundheit jedoch kaum verankert. Auch die alten Klischees werden medial immer weiter bemüht (Vorsorgemuffel, wenig auf ihre Gesundheit achtend) und ein geschlechtsspezifischer Blick bei der Konzeption von gesundheitsfördernden und präventiven Projekten gibt es noch zu selten.
Die Bretter sind weiterhin dick, die wir bohren müssen. Aber einige Bohrungen konnten wir schon anbringen.
3. Was hat sich für mich persönlich verändert durch mein Engagement für Jungen- und Männergesundheit?
Ich bin nicht nur in der Männergesundheit tätig, sondern leite auch Männergruppen und führe mit meiner Frau Paarberatungen durch. Hier ist mein Wissen über, aber auch meine Beschäftigung mit Männergesundheit hilfreich.
Für mich ist Männergesundheit immer auch ein Zugang zum „Mann an sich“ und seine gesellschaftliche Stellung. Für mich ist Männergesundheit auch politisches Engagement.
Das Wissen, das ich mir auf dem Weg erworben habe, kommt mir auch persönlich zugute. Ich gehe viel bewusster beispielsweise mit meiner Vorsorge um und ermahne mich zur Selbstachtsamkeit.
Dr. Matthias Stiehler, DIEG – Dresdner Institut für Erwachsenenbildung und Gesundheitswissenschaft e.V.
15 Jahre Netzwerk Jungen- und Männergesundheit – Online-Treffen Fr 6.11.2020 14:00 – 16:00, Anmeldung hier










